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Session 3: Kassandra

Die Schlacht war vorüber. Die grässlichen Mutanten und ihre Opfer, mutmaßlich die Reisenden der umgestürzten Kutsche, lagen tot durcheinander. Beim zweiten toten Kutscher fanden sich ein weiteres Kettenhemd und seine Donnerbüchse. Der augenscheinliche Anführer der Mutanten hatte, neben seiner Armbrust, die Habseligkeiten der anderen Reisenden in Form von etwas Geld und ein paar Schmuckstücken bei sich. Etwas ab vom Weg entdeckten die Abenteurer ein weiteres Opfer, eine Frau, die offenbar von einem Armbrustbolzen in den Rücken getroffen am Waldrand lag. Als Anne die Leiche auf den Rücken drehte, traute sie ihren Augen kaum: da lag…sie selbst! Die Tote war Anne wie aus dem Gesicht geschnitten. Anne war höchst verwirrt und dursuchte die Frau nach Hinweisen was hier vorging. Sie nahm den schicken Reisemantel an sich, trotz des Lochs im Rücken, den der Armbrustbolzen gerissen hatte, und fand zwei Briefe, beide sehr offiziell aussehend.

Ein verdächtiges Geräusch im Wald ließ die Gruppe erneut aufschrecken, entpuppte sich aber glücklicherweise als Gunnar und Hultz, die, beide halbtot, tatsächlich die durchgegangenen Pferde gefunden und zurückgebracht hatten. Es blieb kaum Zeit zum verschnaufen als schon wieder Lärm zu hören war, diesmal eindeutig Hufgetrappel von hinter der nächsten Wegbiegung kommend. Während sich Anne und Valdric noch schnell zwischen den Bäumen verstecken konnten erblickten Florian und Morngrim wenige Augenblicke später fünf Soldaten der imperialen Straßenwache die ihnen auf ihren Pferden entgegenkamen. Um nicht gerade verdächtig flüchtend angetroffen zu werden, schlichen sich Anne und Valdric zurück zur eigenen Kutsche, die beiden zwischen den geplüderten Leichen zurückgebliebenen Gefährten versuchten derweil ihr bestes, dem Feldwebel der Patroullie keinen falschen Eindruck der Situation zu vermitteln. Da die schrecklich deformierten Köpfe und Gliedmaßen der toten Mutanten aber nicht zu übersehen waren, gab es nach kurzem Verhör statt einer Verhaftung einen knappen Dank im Namen des Imperiums samt der Anweisung, den Soldaten beim Wiederaufrichten der Kutsche, dem Verteilen der verbliebenen Pferde (und Kutscher) auf die beiden Gefährte und dem Verladen der Leichen auf die leere Kutsche zu helfen. Alsdann brach die kuriose Karawane aus Reisekutsche, Leichenwagen, Reisenden und Soldaten auf.

Erst recht spät am Abend erreichten sie den Kutschhof “Zu den sieben Speichen”. Nach eindringlichem Hinweis auf den Beitrag der Gruppe zu sichereren Straßen im Imperium ließ sich Feldwebel Pflaster überreden, den Abenteurern eine kostenlose Übernachtung im Schlafsaal zu organisieren. Der von Halblingen geführte Gasthof bescherte den Vieren den besten Eintopf den sie seit langem gegessen hatten und sogar Baronin Isolde ließ, durch ihre sehr verschüchterte junge Zofe, einen Dank für Rettung vor den Mutanten übermitteln. Draußen am Brunnen wurde noch das Kettenhemd vom Mutantenschleim befreit und hilfsweise mit etwas Lampenöl konserviert. Der Versuch, Nadel und Zwirn zum Flicken des Armbrustbolzenlochs im gefundenen Reisemantel zu erwerben scheiterte jedoch an der Preisgestaltung des im Schankraum anwesenden Krämers. Und während am Nebentisch Gunnar und Hultz, sichtlich gezeichnet, die Tatsache, dass sie überlebt hatten ausgiebig feierten, sammelte Anne nochmals all ihren Charme und ihre Überzugungskraft um den belesenen jungen Mann zu überreden, Ihnen diskret die beiden Briefe vorzulesen, die sie bei Annes toter Doppelgängerin gefunden hatten. Der längere der beiden Briefe kam von einer Anwaltskanzlei aus Bögenhafen. Bei der Toten handelte es sich offenbar um eine gewisse Kassandra Alyna Lieberung, und sie sei, wie der Anwalt ausführte, die einzige auffindbare Angehörige und Erbin des unfassbaren Vermögens von 20.000 Goldkronen samt Anwesen des verstorbenen Baron Lieberung! Der zweite Brief war eine eidesstattliche Versicherung mehrerer ehrbarer Würdenträger aus Nuln, dass die Trägerin dieses Dokuments tatsächlich Kassandra Alyna Lieberung ist (einschließlich einer Portraitzeichnung von Kassandra - auch hier nicht von Anne zu unterscheiden). Die vielen Informationen mussten erstmal sacken, und so gingen alle Viere nach dem zweiten mehr als nur ereignisreichen Tag recht früh zu Bett - diesmal sogar echte Betten.